Auch wenn es keine klare Definition gibt, gilt allgemein das Verständnis, dass der Mann im Falle einer vorzeitigen Ejakulation nicht in der Lage ist, einen sexuellen Orgasmus kontrolliert auszulösen. Bei gesunden Männern erfolgt ein Samenerguss nach etwa 5 bis 7 Minuten und können zusätzlich noch hinausgezögert werden, während bei Männern, die unter vorzeitigem Samenerguss leiden, eine Ejakulation bereits nach 1 bis 2 Minuten nach der Penetration der Scheide einsetzt – ohne dass die betroffenen Männer einen Einfluss darauf haben. Grundsätzlich bedeutet dies nicht automatisch, dass sofort behandelnde Maßnahmen ergriffen werden müssen. Denn auch Faktoren wie Stress im Alltag, Müdigkeit und Erschöpfung können als Nebenwirkung eine vorzeitige Ejakulation auslösen. Etwa 90 % aller Männer ist dies in einer ungewohnten und/oder belastenden Situation schon einmal passiert.
Erst wenn ein vorzeitiger Samenerguss über einen längeren Zeitraum immer wieder auftritt und der Betroffene es nicht mehr schafft, seine Partnerin sexuell zu befriedigen, sollte er nach Behandlungsmöglichkeiten suchen. Der erste Schritt des Mannes sollte es immer sein, dieses Tabuthema offen mit seiner Partnerin zu diskutieren, um herauszufinden, ob ihr Sexualleben durch einen vorzeitigen Samenerguss leidet. Nur bei einer tatsächlich empfundenen sexuellen Unzufriedenheit der Sexpartner ist es notwendig, zu handeln, da es sonst zu Streit und Problemen in der Beziehung kommen kann.
Arten der vorzeitigen Ejakulation
Generell werden zwei Formen der vorzeitigen Ejakulation unterschieden – die primäre und die sekundäre Ejakulation. Auch wenn sich die Ursachen unterscheiden zeigen sich in beiden Fällen die gleichen Symptome. Bereits eine geringe sexuelle Stimulation löst eine Ejakulation aus, seine Partnerin und zumeist auch er selbst verspüren dadurch keine sexuelle Befriedigung. Die Frau vermisst zumeist zärtliche Berührungen und Küsse, sie fühlt sich nicht geliebt. Der Mann hingegen leidet unter psychischem Druck und Versagensängsten, er verkrampft und ist frustriert.
Der primäre oder lebenslange vorzeitige Samenerguss ist angeboren. Er zeigt sich bereits ab dem ersten sexuellen Kontakt mit einer Frau und ist nach heutigen Erkenntnissen neurobiologisch begründet. Diese Form tritt bei jedem Geschlechtsverkehr auf – vollständig unabhängig von der erotischen Situation und der Liebespartnerin. Bei betroffenen Männern setzt der Samenerguss bereits innerhalb von nur einer Minute nach der Penetration der Scheide ein und wird häufig von psychischen Problemen wie Stress und Depressionen begleitet.
Der sekundäre oder erworbene vorzeitige Samenerguss tritt erst im Verlaufe des Lebens auf, nachdem das Sexualverhalten vorher vollständig normal und der Sex für beide Partner befriedigend war. Unter dieser Form der vorzeitigen Ejakulation leiden vorrangig ältere Männer, die auch ihre Fähigkeit verlieren, den Zeitpunkt des Samenergusses hinauszuzögern. Grund sind häufig die Folge bzw. Begleiterscheinung von physischen oder psychischen Erkrankungen.
Der entscheidende Unterschied beider Formen des vorzeitigen Samenergusses liegt in ihrer Therapierbarkeit. Während es bei einer primären Ejakulation selten Hoffnung auf Besserung gibt, ist die sekundäre Form der Ejakulation behandelbar – indem die Ursache gezielt bekämpft wird.
Bekannte Ursachen eines vorzeitigen Samenergusses
Der Grad eines vorzeitigen Samenergusses variiert: Bei manchen jungen Männern führt bereits die Berührung des Genitalbereiches binnen weniger Sekunden zur Ejakulation, bei anderen wirkt der Anblick eines weiblichen, unbekleideten Körpers auslösend, bei manchen schließlich das Vorspiel, die Einführung, die erste Bewegung bei eingeführtem Glied.
Gewöhnlich beklagt sich zunächst die Frau als über den vorzeitigen Samenerguss des Mannes, der zu einer ähnlichen Leidensgeschichten der betroffenen Paare führt.
Die sexuelle Spannung der betroffenen Frau wird wieder und wieder durch Vorspiele und Einführung des Penis gesteigert, die umgehende Ejakulation mit zurückgehen der Erektion führt zu einer Kette von Frustrationen, da die Frau nie oder selten ihren Höhepunkt erreicht. Die mehr oder weniger rasch nach der Ejakulation eintretende Erschlaffung des Penis kann kein Mann verhindern.
Ein vorzeitiger Samenerguss kann viele Ursachen haben, von denen ein Großteil noch nicht hinreichend erforscht ist. Allerdings hat sich in den letzten Jahren viel getan, denn während anfänglich psychische Gründe wie Versagensängste und Depressionen sowie Beziehungsprobleme als Verursacher angenommen wurden, rückt mittlerweile ein mögliches Ungleichgewicht der Botenstoffe, die Signale vom Gehirn an die Nerven senden, als Hauptursache in den Vordergrund.
Die bekannten Ursachen, die eine vorzeitige Ejakulation begünstigen bzw. auslösen können, lassen sich in vier Rubriken einteilen – psychologische Auslöser, körperliche Grunderkrankungen, neurophysiologische Prozesse und Ursachen, die nicht in diese Kategorien fallen und dennoch einen vorzeitigen Samenerguss zur Folge haben können:
PSYCHOLOGISCHE URSACHEN
Die psychologischen Gründe eines vorzeitigen Samenergusses sind unterschiedlicher Natur. Ein Grund ist die sogenannte Konditionierung, d.h. eine Prägung sexueller Gewohnheiten. In diesem Zusammenhang spielt der Vorgang der Masturbation eine Rolle, die bis heute als schamhaft gilt. Dennoch masturbierende Männer taten alles, um die Masturbation schnell zu beenden –
eine Angewohnheit, die beim Geschlechtsverkehr zur vorzeitigen Ejakulation führt.
Auch die sexuelle Erziehung hat einen großen Einfluss. Wenn ein Kind bereits in dem Glauben aufwächst, dass Sex und Masturbation etwas Verachtenswertes ist, ist sein Verhältnis zur Sexualität gestört – statt Lust zu empfinden, übermannen ihn Schuldgefühle.
Bei Beziehungsproblemen und wenn Männer feststellen, dass sie an Manneskraft verlieren, verringert sich ihr Selbstwertgefühl, oftmals begleitet durch Depressionen und Stress. Gleichzeitig setzen sie sich einem Leistungsdruck aus, der die Symptome zusätzlich verstärkt.
KÖRPERLICHE URSACHEN
Ein vorzeitiger Samenerguss kann aufgrund von verschiedenen Erkrankungen oder einem hypersensiblen Penis auftreten und wird oft von einer Erektionsstörung begleitet.
Doch auch chronische Erkrankungen wie Diabetes, Infekte der Harnröhre, Erkrankungen des Nervensystems und der Schilddrüse sowie ein hoher Blutdruck können zu einer vorzeitigen Ejakulation führen.
Studien konnten mittlerweile belegen, dass viele Männer, die unter einer entzündeten Prostata leiden, auch von einer vorzeitiger Ejakulation betroffen sind.
NEUROPHYSIOLOGISCHE
URSACHEN
Einen wesentlichen Einfluss auf die Dauer bis hin zur Ejakulation hat der hormonähnliche Botenstoff Serotonin, der auch als Glückshormon bekannt ist. Er ist für das Eintreten eines Ejakulationsreflexes verantwortlich. Während der sexuellen Erregung sendet das Gehirn über den Botenstoff Serotonin Signale an die Nerven. Dort binden sie sich an die Rezeptoren an und entfalten ihre Wirkung.
Unterschiedliche Studien konnten belegen, dass ein zu geringer Serotoninspiegel im Gehirn einen Samenerguss vorzeitig auslöst.
ANDERE URSACHEN
Es gibt noch weitere Faktoren, die dafür sorgen, dass ein Samenerguss verfrüht ausgelöst wird:
Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs: Männer, die nur (sehr) selten Geschlechtsverkehr haben sind häufiger von einem vorzeitigen Samenerguss betroffen.
Fehlende Erfahrung: Junge Männer, die noch keine sexuelle Erfahrung sammeln konnten, sind unsicher und erleiden daher oft eine vorzeitige Ejakulation.
Nebenwirkungen von Medikamenten: Bestimmte Medikamente, vor allem Schmerzmittel und Mittel gegen Nervenerkrankungen, lösen häufig eine vorzeitige Ejakulation aus.
Übermäßiger Genuss von Alkohol oder Drogen: Männer, die regelmäßig viel Alkohol trinken haben ein wesentlich erhöhtes Risiko, einen vorzeitigen Samenerguss zu erleiden. Langfristig kann dies zu anderen Sexualstörungen wie einer erektilen Dysfunktion,
Wie lässt sich ein vorzeitiger Samenerguss verhindern?
Das Thema der vorzeitigen Ejakulation ist für betroffene Männer immer noch ein Tabu. Dabei ist ein klärendes Gespräch mit der Partnerin, das immer am Anfang einer Behandlung stehen sollte, wohl die wichtigste Grundlage auf den Weg zur Besserung. Sie schafft Vertrauen und nimmt viel Druck von den betroffenen Männern. Viele Männer trauen sich nicht, offen über ihr Problem zu sprechen – zumeist aus mangelndem Selbstbewusstsein, Ängsten oder Frustration.
Doch es gibt Hilfe. Grundsätzlich machen drei unterschiedliche therapeutische Ansätze zur Behandlung der vorzeitigen Samenergüsse Sinn, die gegebenenfalls miteinander kombiniert werden können:
PSYCHOTHERAPEUTISCHE BEHANDLUNG
Gerade bei Paaren, deren sexuelle Befriedigung aufgrund von psychischen Störungen aus dem Takt geraten ist, können psychotherapeutische Behandlungen wie Sexualtherapien, Verhaltenstherapien und Paartherapien helfen. Ein wesentlicher Vorteil liegt darin, dass die Partnerin dabei ist und es tatsächlich um beide Partner geht.
Solche Therapien sind für Männer, die sexuellen Leistungsdruck verspüren und von Versagensängsten geplagt sind, besonders geeignet.
MANUELLE BEHANDLUNG
Zur Verzögerung der Ejakulation gibt es verschiedene Techniken, die ein Betroffener nutzen kann, um den Samenerguss hinauszuzögern und ein besseres Gefühl für seinen Körper zu erhalten.
Diese beiden Methoden gelten als besonders erfolgreich:
Stopp-Start-Methode: Um die Erregung besser steuern zu können, masturbiert der Mann und hält kurz vor der Ejakulation auf, sexuelle Gefühle zu stimulieren. Diese Übungen aus Masturbation und Abbrechen führt er so lange aus, bis er sich eine erhöhte Kontrolle des Prozesses antrainiert hat.
Squeeze-Methode: Sie ist die Weiterentwicklung der Stopp-Start-Methode. Dabei unterbricht der Mann den Geschlechtsverkehr direkt vor dem Orgasmus. Parallel dazu drückt er auf die Eichel, um die Blutmenge im Penis zu verringern und den Ejakulationskomplex zu stoppen. So lässt sich der Samenerguss verzögern.
MEDIKAMENTÖSE BEHANDLUNG
Es gibt verschiedene Präparate, die gegen vorzeitigen Samenerguss eingesetzt werden können. Hier ist aber unbedingt ein vorheriger Besuch beim Urologen erforderlich, um sich medizinisch beraten zu lassen und zu ermitteln, ob das Medikament tatsächlich geeignet ist. SIE SOLLTEN HIER KEINE ALLEINGÄNGE WAGEN!
Doch es gibt auch Cremes, Sprays, Gele und Tücher, die zur Verzögerung des männlichen Samenergusses verwendet werden können.
Auch ein spezielles Training des Beckenbodens hilft effektiv bei der Bekämpfung von vorzeitiger Ejakulation. Wenn Männer Harn absetzen, sollten sie in kurzen Abständen den Harnstrahl mit Kraft der Muskeln unterbrechen. Durch die Kontraktion wird die Muskulatur des Beckenbodens gestärkt und der Mann lernt, seinen Körper besser zu steuern.
Fazit
Für viele Männer aller Altersstufen ist der vorzeitige Samenerguss eine ernstzunehmende
Sexualstörung, die zu teils massiven Beziehungsproblemen, sexueller Unlust und in besonders schweren Fällen zu einer kompletten Einstellung des Geschlechtsverkehrs führt.
Doch gerade bei der sekundären Form des vorzeitigen Samenergusses gibt es Hilfe. Dazu müssen Männer sich selbst überwinden und sich ihrem Partner und Urologen offenbaren, denn nur gemeinsam wird es möglich, eine Therapie zu entwickeln und wieder zu einem erfüllten Sexualleben zurück zu finden.